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6. Juni 2011 / Pascal Tannich

Auf dem Weg zur Wiederwahl: „Sicher, bezahlbar und umweltfreundlich“

Bei den Bürgerlichen ist Großreinemachen angesagt. Sie waschen sich grün, damit die Grünen dumm aus der Wäsche gucken: Für Sachsen-Anhalts Ministerpräsidenten Reiner Haseloff steht seit Freitag fest: Der Ausstieg ist unumkehrbar. Ronald Pofalla verspricht, noch in diesem Jahr ein Gesetz zur Endlagersuche auf den Weg zu bringen und Angela Merkel will für jedes Atomkraftwerk ein „Endproduktionsdatum“ vorschreiben.

Das Kleinreden atomarer Gefahren hat also ein Ende. Selbst ehemalige Atomkraftbefürworter machen sich jetzt für das atomare Aus in Deutschland stark. Auch die Probleme mit dem Atommüll, die sie lange nicht angepackt haben, nehmen sie sich endlich vor. Wir können alle ein Kreuz machen – aber nicht in den Kalender. Auf den Stimmzettel soll es, wenn es nach dem Willen der Union geht – direkt neben die drei Buchstaben C,D und U.

Mit ihrer Politik schlagen Angela Merkel und ihr Gefolge drei Fliegen mit einer Klappe. Erstens entledigen sie sich mit dieser Entscheidung ihres unpopulären Images, atomfreundlich zu sein. Sie positionieren sich damit politisch neu und machen sich zweitens für die fast schon verloren geglaubten bürgerlichen Wähler wieder interessant. Gerade noch rechtzeitig, bevor diese komplett ins grüne Milieu geflüchtet wären. Am wichtigsten für sie ist aber, dass sie drittens auch den Höhenflug der Grünen beenden können. Sie nehmen ihnen den nachhaltigen Wechselwind aus den Flügeln.

Besonders bitter für die Grünen: Sie können nichts, aber auch gar nichts dagegen tun. Die neue politische Stimmung schadet ihnen sogar. Wenn jetzt noch einer meckert, dann kann das doch nur die „Dagegen-Partei“ sein. Ist es nicht schon Verrat am Vaterland, den mutigen Beschluss, aus der Kernenergie auszusteigen, anzuzweifeln?

Teil des überparteilichen Konsenses können die Grünen jedoch auch nicht werden. Schon einmal sind sie damit nämlich auf die Nase gefallen: Damals, als sie unter Gerhard Schröder ihren sofortigen Ausstieg auf 2021 verschieben mussten. In der Folge wandten sich Umweltverbände ab, Mitglieder traten aus und ihre Stammwählerschaft verweigerte ihnen die Unterstützung.

Die Grünen müssen ihre Entscheidungen nun sehr behutsam abwägen. Sollen sie sich wirklich der angeblich grünen Sache anschließen, um im bürgerlichen Wählerpool mitplanschen zu können? Oder bleiben sie besser auf ihrem bisherigen Weg, mit dem sie die Koalition erst zum Umdenken gebracht haben?

Auch in dieser Woche haben sie die Hintertürchen in den Plänen der Koalition gefunden und angeprangert. Sie sorgten mit ihrer Kritik dafür, dass es statt übertragbarer Stromkontingente abgeschalteter Reaktoren nun feste Enddaten für die weiterlaufenden Atomkraftwerke geben soll.

Die Grünen dürfen sich nicht mit der SPD in die Reihe der Konsenswilligen einreihen. Das würde den Verlust ihres Profils bedeuten. Nachdem die Regierung ihnen ihr Hauptthema entrissen hat, um sie zu schwächen, müssen sie sich jetzt neu strukturieren. Dem Pfad der Union zu folgen, hilft aber nicht, das Problem zu lösen.

Eine starke grüne Partei hat die Verpflichtung, sich ihre Unabhängigkeit zu bewahren. Sie muss für die Änderung wichtiger Punkte, die auch in der Neuauflage des Atomgesetzes fehlen, eintreten: Denn weder wird darin vorgeschrieben, dass der Atommüll rückholbar gelagert werden muss, noch ist dort die Rede von einem parlamentarischen Beauftragten. Er sollte die Entwicklung im Auge behalten, jährlich Bericht erstatten und Handlungsempfehlungen geben. So schaut der Koalition in Sachen Energiewende niemand per Gesetz auf die Finger und Gorleben kann weiter als Endlager forciert werden.

Die Grünen müssen eine Partei bleiben, die immer wieder laut und deutlich die Frage stellt: Ist das wirklich „Der Weg zur Energie der Zukunft – sicher, bezahlbar und umweltfreundlich“?

2 Kommentare

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  1. Jonathan / Jun 6 2011 20:08

    Pascal for president!

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